Dokumentarfilm

Work Hard Play Hard

Der eine hat erst die Finger vom Kokain gelassen, als er dem Tod ins Auge sah. Der andere glaubt seinen Konsum im Griff zu haben und will weiterkoksen, wenn möglich bis ans Lebensende.
«WORK HARD PLAY HARD» erzählt die Geschichte zweier Kokser, zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Da der rastlose Yuppie, dort der verlebte Clown. Doch vor dem weissen Pulver sind alle gleich. Kokain ist zur Volksdroge geworden. Im letzten Jahrzehnt hat es seinen Furcht einflössenden Siegeszug durch die westliche Leistungsgesellschaft angetreten.
Der Autor Marcel Wyss führt vor Augen, was Kokain mit Menschen macht. Er tut es, ohne zu werten. Er zeigt die verführerischen Seiten und die fatalen. Kühn verwischt diese Milieustudie die Grenzen zwischen Dokumentarfilm und Animationsfilm. Um die Protagonisten unkenntlich zu machen, werden 14’000 reale Filmbilder zu kunstvoll von Hand gezeichneten Illustrationen. Ein Film, der provoziert und kontrovers diskutiert werden wird.

Der Umgang der Menschen mit Rauschmitteln – dieses Thema hat mich seit je her stark beschäftigt. Die Gefahr der Sucht habe ich in meinem nahen Umfeld verschiedentlich hautnah miterlebt und mich in der Folge vertieft mit dem Thema auseinandergesetzt. In meinem letzten Dokumentarfilm, «Nach dem Fall…», thematisierte ich die Wiederannäherung an meinen älteren Bruder Dominic nach dessen vorläufigen Entzug von einer schweren Heroinsucht. Dabei ging es mir in erster Linie darum, die Hintergründe seines Einstiegs sowie die Auswirkungen seiner Sucht auf das familiäre Umfeld zu beleuchten.

Beim Film «WORK HARD PLAY HARD» standen die verschiedenen Motive für den Kokainkonsum, aber auch die gesellschaftliche Akzeptanz und Tabuisierung im Vordergrund. Entsprechend diesen Schwerpunkten erfolgte die Auswahl der Protagonisten. Mein persönlicher Erfahrungshintergrund hat es mir erleichtert, den Zugang zu ihnen zu finden und ihnen im Gespräch einfühlsam zu begegnen.

Für die weite Verbreitung der Droge mache ich nicht nur die individuellen Konsumenten, sondern auch den aktuellen Zeitgeist verantwortlich. Im Zuge meiner Recherchen konnte ich beobachten, dass der Konsum von Kokain mittlerweile vielerorts als normal angesehen wird und seine Gefahren grob unterschätzt werden. Um die Wirkung von Kokain beurteilen zu können, habe ich mich während der Recherche nach reiflichem Überlegen dazu entschieden, die Droge im Selbstversuch einzunehmen. Unter der Anleitung von Bekannten konsumierte ich so zum ersten Mal Kokain.

Trotz meiner negativen Haltung gegenüber der Droge fühlte ich die «positiven» Effekte des Rauschs: Die vermeintlich totale Kontrolle – obwohl während des ganzen Abends immense Mengen Alkohol konsumiert wurden, blieb die Artikulation klar, der Schritt sicher. Der Alkoholrausch blieb aus, das Verlangen zu Trinken indes hielt an – ganz im Gegensatz zum ausbleibenden Hungergefühl. Der Schnaps steigerte wiederum die Lust auf die nächste Linie, und so schaukelte sich der Konsum hoch und höher.

In den darauf folgenden Tagen drängten sich wiederholt Gedanken an die Droge auf und ich verspürte trotz meiner Abneigung einen gewissen Sog. Es war verrückt! War dies bereits ein schwaches «craving» – also das viel zitierte Reissen nach der Droge? Ich hatte eine durch das Kokain bedingte Euphorie erlebt, die den Abend in meiner Erinnerung nun in ein positives Licht tauchte. Die Gefahren der Droge wurden mir umso eindrücklicher bewusst und ich war motivierter denn je, sie in einem Dokumentarfilm zu thematisieren.

Da mir eine innovative Bildsprache sehr wichtig ist, suchte ich nach Stilmitteln, damit auch dieser Film meine Handschrift trägt. In Hinblick auf die Verfremdung des Protagonisten Tim erarbeitete ich in der Projektentwicklung zusammen mit diversen Grafikern und Illustratoren eine unverkennbare Bildsprache. Zentrales Anliegen war es, nicht im aus dem Fernsehen gewohnten Stil, sprich mit Zensurbalken, Unschärfe und Gegenlichtaufnahmen zu anonymisieren. Der Film soll sich von diesen üblichen Formen bewusst abheben und den Protagonisten dem Zuschauer trotz Verfremdung möglichst nahe bringen.

Für die Animation arbeitete ich schlussendlich mit dem Berner Illustrator Rodja Galli – ro* zusammen. Für die aufwendige Machart (25 Bilder pro Sekunde) zeichnete Galli über 6 Monate an den Szenen, die verfremdet werden mussten. Die Umsetzung erfolgte direkt am Bildschirm. Er überzeichnete die Protagonisten Bild für Bild direkt auf dem Wacom-Tablet. Insgesammt zeichnete er für 11 Minuten Film knapp 14’000 Einzelbilder.

Drogen werden weltweit in jedem Kulturkreis und in jeder Gesellschaftsschicht konsumiert. Diese Tatsache lässt sich nicht leugnen. Anstatt also den Drogenkonsum grundsätzlich zu verteufeln, finde ich es interessanter, die Beweggründe hinter dieser Faszination zu durchleuchten. Nur so kann meiner Ansicht nach ein vernünftiger Umgang mit Drogen erreicht werden – indem wir ehrlich, kontrovers und ohne Tabus den Drogenkonsum thematisieren und unseren Umgang mit Drogen hinterfragen. Ich bin überzeugt, dass dieser Zugang zur Drogenproblematik nachhaltiger und im Sinne einer ganzheitlichen Aufklärung auch effektiver ist als jegliche pauschale Verurteilung. Ich möchte mit «WORK HARD PLAY HARD» einen Beitrag an diese Diskussion leisten und hoffe, dass mein Film spannende Diskussionen entfachen wird.

JAHR
REGIE
BUCH
CAST
KAMERA
SCHNITT
TON
MUSIK
PRODUKTION
DAUER